Der Weg durchs Gebirge ist ein Spiegel meines Lebensweges“ steht als Motto auf der Internetseite von Alfons Holzer. „Ich glaube, dass Leben Grenzerfahrung ist, und auch Glaubenswege Grenzerfahrungswege sind – weil nicht alles absehbar und klar geregelt ist“, sagt der ehemalige Manager aus Isny im Allgäu.
Wenn Holzer durch die Tür tritt, wirkt er trotz seines Alters von 62 Jahren noch immer wie ein Naturbursche. Die kurzen Ärmel seines Polohemds geben gebräunte Arme frei, und die auffällige Armbanduhr zeigt nicht nur die Zeit an, sondern auch Höhenmeter und Himmelsrichtung. Sie ist sozusagen sein Werkzeug, wenn er mit Menschen unterwegs ist – in den Allgäuer Alpen, in Südtirol oder in der Schweiz.
Die Touren, die er führt, hat er im Kopf, die Karten im Handy. Er hat die Erfahrung eines ausgebildeten Bergführers, der auch im Winter fünf Stunden über verschneite Berghänge geht. Nichts weist darauf hin, dass dieser durchtrainierte Mann einmal Manager eines Münchner Aktienunternehmens war.
Gratwanderung
Es sind keine üblichen Bergwanderungen, die Holzer anbietet, sondern Bergexerzitien. Er nennt Schlagworte, die sich auch im übertragenen Sinn verstehen lassen: Übergang, Gratwanderung, Gipfelerlebnis. Dass im Leben nicht alles klar geregelt ist, hat Holzer auch selbst erfahren.
Nach einer „typisch bayerischen“ religiösen Sozialisation – der Vater war Mesner in Grünenbach bei Oberstaufen und der sonntägliche Kirchgang Pflicht – kommt der erste Bruch, als der Pfarrer den 15-jährigen Alfons wegen seiner langen Haare aus dem Ministrantendienst wirft. „Ich habe dann darauf hingewiesen, dass derjenige, der da oben hängt, auch langes Haar hat“, erzählt Holzer. Nach dem Wehrdienst studiert er Theologie und Betriebswirtschaft, denn der Vater will, dass er „noch was Gescheit’s dazu macht“. Er wird Geschäftsführer eines Konzerns in München, gründet eine Familie und kauft ein Haus in Isny im Allgäu.
Eines Morgens, als er wie üblich um 6 Uhr zur Tür hinaus will, sagt sein damals vierjähriger Sohn Johannes Lukas: „Papa, geh nicht wieder zu der blöden Arbeit!“ Der Satz des Kindes bringt auf den Punkt, dass es dem Vater gesundheitlich nicht gut geht, dass er die Familie nur bei Nacht sieht. „Dann habe ich mir überlegt: So kann es nicht weitergehen“, erzählt Holzer. Ohne genauen Plan kündigt er.